Ausgrabungen | Baiovarisch

Wege zur Datierung: Die Münzen

Findet man auf dem Gelände einer Villa rustica eine römische Münze, dann gilt für die Archäologen: je später, desto besser. Denn will man nicht annehmen, dass sie ein heutiger Spaziergänger verloren hat, dann folgt aus dem Fund, dass die Villa rustica zur Zeit der Münzprägung noch in irgendeiner Form bewohnt war. Aus einer Münze des Jahres 300 folgt, dass die Siedlung mindestens bis zum Jahr 300 Bestand hatte – man spricht dann von einem Terminus ad quem, einem „Zeitpunkt bis zu dem“. Ein Münzfund in Herrsching ist z.B. der silberne Denar des Kaisers Septimius Severus, den er im Jahr 195 für seine Gattin Julia Domna Augusta prägen ließ – sie war die Mutter des Kaisers Caracalla, bekannt durch seine große Thermenanlage in Rom. Dieser Fund besagt natürlich nichts über den Anfang der Villa rustica, da die älteren römischen Münzen lange Zeit gültig blieben. Einen terminus a quo, einen „Zeitpunkt ab dem“ der Herrschinger Gutshof bestand, liefern eher kurzlebige Hinterlassenschaften wie die Keramikscherben. Dieser Fund besagt aber auch nichts über das Ende, denn es gibt mehrere spätere Münzen. Die archäologisch wichtigsten fanden sich in einem der Kalkbrennöfen – wichtig, weil sie dessen Datierung erlauben und die Vermutung nahelegen, dass sie beim Brennen alter Mauersteine verloren gegangen waren. Es sind ein in Rom geprägter Follis aus dem Jahr 347/348 und eine Maiorina des Kaisers Magnentius (350-353). Und auch eine dritte Münze, ein Lesefund, gehört in diese Zeit. Es ist eine Maiorina von Constans (337-350), dem jüngsten Sohn des Kaisers Konstantin. Die Münzen verweisen übereinstimmend auf die Zeit um 350 und sind die letzten Münzfunde. Da es auch keine anderen jüngeren Funde gibt, liefern sie eine plausible Datierung des Siedlungsendes, einen terminus ad quem. Wir müssen allerdings annehmen, dass es einige Jahre oder Jahrzehnte dauerte, bis eine um 350 in Rom geprägte Münze ihren Weg in den Herrschinger Kalkbrennofen gefunden hatte. Also dürfen wir folgern: Unsere Villa rustica wurde in der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts aufgegeben.
Silberner Denar des Septimius Severus für seine Frau Julia Domna, 194/195 n.Chr.
Follis aus einem Herrschinger Kalkbrennofen, 347/348 n. Chr. in Rom geprägt
Münze des Kaisers Magnentius (350-353 n.Chr.), eine sog. Maiorina
Maiorina des Kaisers Constans, 348/350 n.Chr., Lesefund
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