Ausgrabungen | Baiovarisch

Sangenus, der erste bekannte Herrschinger

Im Herbst 2006, bei der zweiten Grabung auf dem Gelände der Villa rustica, kam der Fuß eines Terra-sigillata-Gefäßes ans Licht, mit Stempel der Werkstatt auf dem Gefäßboden. Das wäre eigentlich bei Terra sigillata nichts Ungewöhnliches, hätte man nicht auf der Unterseite des Standrings ein Graffito entdeckt, eingeritzte Schriftzeichen. Fachleute konnten das im Kreis geschriebene, für Laien unlesbare Gekritzel entziffern. IVSTINI SANGENVS, steht da in ungelenker römischer Majuskelschrift, „(des) Justinus (der) Sangenus“.

Wir können annehmen, dass sich Sangenus als der Besitzer des Gefäßes ausweisen wollte. Aber wer war Justinus? Der Genitiv kann ganz unterschiedliche Beziehungen ausdrücken, im Deutschen entspräche eine Wendung wie Peters Julia- wer ist hier Peter? Julias Mann? Der Schöpfer einer bekannten Marmorskulptur? Oder Julias Vater?

Dass mit Justinus der Vater von Sangenus gemeint ist, wäre auch in unserem Fall eine naheliegende Lösung. Die Nennung des Vaters ist in römischen Inschriften keine Seltenheit, begegnet aber eher in offiziellen Zusammenhängen. Man kann deshalb auch an eine andere Beziehung zwischen Sangenus und Justinus denken: Justinus war ein Sklave, Justinus sein Patron.

Wirklich? Der erste bekannte Herrschinger ein Sklave? Vielleicht war er ja auch ein libertus, ein Freigelassener. Der konnte im Unterschied zum Sklaven Eigentum erwerben und hatte Anlass, seinem ehemaligen Patron Justinus ein kleines Denkmal zu setzen.

Innenseite des Gefäßbodens mit Werkstattstempel IVLIANVS
Standring des Terra-sigillata-Gefäßes mit Graffito
Graffito (Lesung Bernd Steidl 2011)
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