Geschichte

Unsere kleine Dorfkirche

St. Martin

Die kleine Dorfkirche St. Martin, die auf einem Felssporn über dem Kiental und dem sogenannten „oberen Dorf“ thront, wird in alten Urkunden des 11. Jahrhunderts erstmals erwähnt. Das Patrozinium deutet aber auf einen noch älteren Ursprung hin. Heute wird St. Martin nur noch zu besonderen Gelegenheiten, Taufen, Hochzeiten oder Maiandachten, aufgesperrt und wird auch als Wahrzeichen Herrschings immer mehr vom „Kurparkschlösschen“ abgelöst. Dabei ist sowohl der Blick von der Bergkuppe über die Herrschinger Bucht als auch der Innenraum der kleinen Kirche sehenswert.

Die Kirche St. Martin gehörte zum Kloster Benediktbeuern, bis sie 1408 von Schweiker von Gundolfing, dem neuen Herrn von Seefeld, gekauft wurde. Seitdem gehörte Herrsching als Filialkirche der Pfarrei Seefeld, die auch den Zehent des Dorfes Herrsching erhielt. Als Seelsorger wurde immer ein Kaplan aus Seefeld nach Herrsching geschickt. In den „Althistorischen Nachrichten“ fasste Joseph Dillizer die Verhältnisse so zusammen: „Hersching, ein alter Adelsitz, und Hofmark, ist eine unierte Pfarr mit Oberalting, worzu ein dasiger Pfarrherr einen eigenen Kapellan zuhalten hat, weil dieselbe alle feyerlichen Gottesdienste, und Pfarrrechten gaudiert.“

Als Herrsching 1922 zur selbständigen Pfarrei erhoben wurde, wurde St. Nikolaus Pfarrkirche. St. Martin trat immer mehr in den Hintergrund. Nach dem 2. Weltkrieg suchte die evangelische Gemeinde, die noch keine eigene Kirche besaß, nach einer Möglichkeit für einen Betsaal und konnte sich mit der katholischen Kirchengemeinde einigen: bis zur Errichtung einer eigenen Kirche im Jahr 1956 wurde in St. Martin der evangelische Gottesdienst abgehalten.

Der schichte Saalbau stammt wahrscheinlich aus spätgotischer Zeit. Die jetzige Innenausstattung wurde größtenteils zu Beginn des 18. Jahrhunderts geschaffen. In der Mittelnische thront eine Maria mit Kind aus der Mayer´schen Hofkunstanstalt München. Darüber im Auszug finden wir einen als Bischof dargestellten St. Martin mit Bischofsstab und Gans, was auf die Legende des Martin von Tours anspielt. Um der Bischofswahl zu entgehen habe Martin sich versteckt, wurde aber von einer Gans entdeckt und durch ihr Geschnatter verraten. Besonders sehenswert sind die 12 Apostelfiguren, die sich rechts und links an den Chorwänden befinden.

Unter der Empore steht ein fast lebensgroßer „Christus in Ketten“ an der Geißelsäule. Daneben befindet sich an der Wand angebracht eine alte Grabplatte aus Rotmarmor mit dem Wappen der Hundtsberger, die – dem niederen Landadel entstammend – im 17. Jahrhundert die Herrn von Herrsching waren. St- Martin war ihre Familiengruft.

Auf dem alten Friedhof rund um die Kirche sind die Grabstätten alteingesessener Familien aus Herrsching und dem untergegangenen Weiler Ramsee. Die schmiedeisernen Grabkreuze ersetzten in den 1960er Jahren die ursprünglichen Grabsteine, die im Laufe der Jahre unsicher geworden waren.

In den 1930er Jahren fand der Poet Hellmut Wolff folgende Worte:
„Traulich grüßest du hernieder,
kleine Kirche, stiller Hain.
Und wir wollen unsre Lieder
deiner schlichten Schönheit weihn,
wollen täglich zu dir schauen,
wollen durch dich Gott vertrauen:
Unser Kirchlein St. Martin
winket über Herrsching hin!“

Dr. Friedrike Hellerer

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