Geschichte
um 1900 - 2012
Das Herrschinger Rathaus
Wie viele andere kleine Gemeinden hatte auch Herrsching im 19. Jahrhundert kein eigenes Rathaus. Bei ca. 450 Gemeindemitgliedern um 1900 war das Bürgermeisteramt selbstverständlich ehrenamtlich. Die „Gemeindeverwaltung“ befand sich damals praktischerweise im privaten Arbeitszimmer des jeweiligen Gemeindevorstands. Ratssitzungen wurden in Nebenzimmern der verschiedenen Gastwirtschaften abgehalten.
Man erachtete es schon als großen Fortschritt als man in das „alte Schulhaus“ an der Ecke Leitenhöhe-Waldeckstraße (heute Schönbichlstraße) umziehen konnte. Der frühere Schulsaal nach Westen hinaus wurde zum Sitzungssaal umfunktioniert, die beiden dahinter liegenden Räume dienten als Gemeindekanzlei.
Der Herrschinger Baumeister August Pittino reichte 1903 einen Bauantrag für ein Landhaus auf der Flurnummer 274 ein. Pittino, 1865 in Dogna im Friaul geboren, lebte mit Frau und 6 Kindern seit Beginn des Jahrhunderts in Herrsching und erhielt 1912 die Bayerische Staatsbürgerschaft. Pittino verkauft 1916 seine Villa an den ebenfalls im Friaul geborenen Journalisten und Schriftsteller Roberto de Fiori. De Fiori wiederum bot 1925 sein Haus der Gemeinde Herrsching zum Kauf an. Anfänglich sahen nicht alle Verantwortlichen die Notwendigkeit eines neuen Rathauses ein. Dennoch wurde am 20. November 1925 endgültig über den Kauf des Hauses de Fiori im Gemeinderat abgestimmt.
Um die durch den Kauf entstehenden Kosten besser bewältigen zu können, wurden Teile der Villa vermietet: Generalleutnant Exzellenz Löll bezog den oberen Stock, die neugegründete Volksbank GmbH erhielt einen Büroraum und an den Gärtner Rauchensteiner wurden Gartengebäude und Nutzgarten verpachtet. Zusammen machten die Mieteinnahmen immerhin 350 Mark aus.
Der Umbau der Jahrhundertwende-Villa zu einem funktionalen Verwaltungsgebäude begann 1959 und wurde, in zwei Bauabschnitte aufgeteilt, im Oktober 1966 abgeschlossen.
Durch die Eingemeindung von Widdersberg 1972 und von Breitbrunn 1978 wuchs Herrsching um fast ein Fünftel. Inzwischen leben in der Gemeinde Herrsching über 10 000 Bürger. Deswegen wurde auch der Gemeinderat von 20 auf 24 Mitglieder aufgestockt. Die Gemeindeverwaltung wurde den neuen Anforderungen entsprechend vergrößert. Damit war eine Erweiterung des Rathauses unumgänglich.
Am 08. März 2010 beschloss der Gemeinderat die bestehenden Brandschutzmängel und die beengten Raumverhältnisse durch eine große Erweiterungs- und Umbaumaßnahme zu beseitigen. Mit den Planungsarbeiten wurde das Architekturbüro Claudia Schreiber beauftragt. Die erste Gemeinderatssitzung im neuen Sitzungssaal fand im Januar 2012 statt. Der Ende 2010 begonnene Umbau des Herrschinger Rathauses wurde mit der offiziellen Einweihungsfeier am 15. September 2012 abgeschlossen.
Dr. Friedrike Hellerer