Ausgrabungen | Baiovarisch
Schatzfund in Herrsching: Der Krieger in Grab 9
Was für das „Tal der Könige“ in Ägypten das Grab Nr.62, das Tutanchamun-Grab, das ist für den „Archäologischen Park“ in Herrsching das Grab Nr.9. Beide Gräber blieben unversehrt, in beiden fand man außergewöhnliche Grabbeigaben. In unserem aus Tuffplatten erbauten Grab war ein prominenter Adliger bestattet, mit 1,90 m Körpergröße ein Hüne, ein Krieger nach Ausweis seines kompletten Waffensatzes: Lanze, Schild, Spatha (zweischneidiges Langschwert), Sax (einschneidiges Kurzschwert).
Seine wichtigste Beigabe war der prachtvolle Prunkgürtel, eine sog. „vielteilige Gürtelgarnitur“, kostbar in materieller, künstlerischer und auch historischer Hinsicht: alle 21 Teile aus massivem Silber, mit feuervergoldeter Schauseite (10 Riemenbeschläge, 10 Riemenzungen, Schnalle mit Gegenbeschlag), alles kunstvoll verziert mit Buckel-, Perldraht- und Kommaornamentik, Flechtband und Elementen des germanischen Tierstils.
Besonders bedeutsam ist der Prunkgürtel historisch, und das in zweifacher Hinsicht. Er war im langobardischen Oberitalien gefertigt worden, ähnliche Stücke fanden sich in mehreren langobardischen Gräbern, das ähnlichste in einem gut datierten Kriegergrab in der Nähe von Mailand (Trezzo sull’Adda). Er verweist also auf die engen politischen und verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Königreich der Langobarden und dem bairischen Herzogtum der Agilolfinger – und damit auf die hohe soziale und politische Stellung unseres Adelskriegers. Und er erlaubt nicht nur die Datierung des Grabes auf die Jahre um 630, sondern auch die Datierung der damit entstehungsgeschichtlich verbundenen Adelskirche. Der Bestattete war, das ist archäologisch nachweisbar, deren Gründer.
Was man vom ersten urkundlich erwähnten Herrschinger Isanhart oft behauptet hat, nämlich seine Zugehörigkeit zum berühmten, in der Lex Baiwariorum um 740 erwähnten Hochadelsgeschlecht der Huosi, das kann man sich auch schon bei unserm Adelskrieger vorstellen. Zwischen seiner Bestattung und der Ausstellung der Isanhart-Urkunde 776 lagen gut hundert Jahre – die Herausbildung eines Geburtsadels mit seinen sozialen und wirtschaftlichen Privilegien hat mit Sicherheit länger gedauert.
Dass er auch der Namensgeber des in der Isanhart-Urkunde erstmals erwähnten Ortes Horscaningun gewesen sein könnte – darüber dürfen wir zumindest spekulieren.